Weil er die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einem Post auf der Plattform X verunglimpft haben soll, ist der Chefredakteur des AfD-nahen Onlineportals „Deutschland-Kurier“, David Bendels, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Das Urteil löste Erstaunen und Kritik aus, in den sozialen Medien äußerten sich auch zahlreiche Politiker und Rechtswissenschaftler. Die ehemalige Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang kritisierte das Urteil: „Sorry, aber so ein Urteil hat nichts mehr mit Verhältnismäßigkeit zu tun“, schrieb sie.
FDP-Politiker und Rechtsanwalt Wolfgang Kubicki sprach etwa von einem „wahrlich schandhaften“ Urteil. „Die Entscheidung des Amtsgerichts Bamberg lässt sich weder mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungs- und Kunstfreiheit noch mit der jüngsten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 6. März zu § 188 StGB in Einklang bringen. Für einen freiheitlichen Rechtsstaat ist dies ein wahrlich schandhaftes Urteil“, schrieb er bei X.
Der Jurist und Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner (Universität Augsburg) wurde noch deutlicher: „Es reicht allmählich! Ein Staat, der für ein für jeden erkennbar satirisches Meme Freiheitsstrafe verhängt, hört auf, ein Rechtsstaat zu sein. Er wird zum totalitären Staat.“ Und der Rechts- und Politikwissenschaftler Volker Boehme-Neßler urteilte: „Wahnsinn! Dieses Meme ist nicht nur eine Meinungsäußerung, sondern auch Satire. Das macht verfassungsrechtlich einen Unterschied. Als Satire ist es auch von der Kunstfreiheit geschützt. Und Kunstfreiheit erlaubt noch viel mehr als die Meinungsfreiheit.“
Bendels wegen Verleumdung verurteilt
Bereits im November 2024 hatte sich das bayerische Gericht mit dem Publizisten David Bendels befasst. WELT berichtete damals, dass er eine Geldstrafe von 210 Tagessätzen zahlen sollte, weil er ein manipuliertes Foto – ein sogenanntes Meme, eine Bildmontage mit satirischem Inhalt – im Internet verbreitet hatte.
Darauf zu sehen war Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die ein Blatt mit der vom „Deutschland-Kurier“ ergänzten Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit!“ in die Kamera hält. Dazu hieß es im Post bei X: „Faeser HASST Meinungsfreiheit!“
Nach WELT-Informationen wurde der damalige Strafbefehl inklusive Geldstrafe wegen Beleidigung, „übler Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ erlassen. Bendels legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein, deswegen kam es zu einem Verfahren vor Gericht.
Nun, knapp vier Monate später, erging das Urteil. Das Amtsgericht Bamberg verurteilte Bendels wegen „gegen Personen des politischen Lebens gerichteter Verleumdung (§ 188 Abs. 2 StGB)“ zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung, wie das Gericht WELT am Dienstag bestätigte.
Bei der mündlichen Urteilsverkündung hieß es demnach: Bendels habe auf dem X-Account des „Deutschland-Kuriers“ eine „für den unbefangenen Leser nicht erkennbar bewusst unwahre und verächtlichmachende Tatsachenbehauptung über die Innenministerin Frau Faeser (...) veröffentlicht, welche geeignet ist, deren öffentliches Wirken erheblich zu beeinträchtigen“. Die Sprecherin verweist in ihrer Begründung auch darauf, dass der Strafrahmen nach § 188 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorsehe. Der Strafbefehl sei mit dem nun ergangenen Urteil hinfällig.
Richter verlangen „schriftliche Entschuldigung“ bei Faeser
Der „Deutschland-Kurier“ meldete die Entscheidung in eigener Sache auf seiner Webseite. Dort wird weiter ausgeführt: „Das Gericht sah den Straftatbestand der ‚Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens‘ nach dem sogenannten ‚Majestäts‘-Beleidigungsparagrafen 188 des Strafgesetzbuches (StGB) als erfüllt an. Der Vorsitzende Richter verlangt von Bendels sogar, dass dieser sich bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schriftlich entschuldigt.“ Das Gericht bestätigte WELT diese Bewährungsauflage.
Das erneute Urteil ist noch nicht rechtskräftig. David Bendels erklärte im „Deutschland-Kurier“: „Wir werden dieses Urteil nicht hinnehmen und uns mit allen juristischen Mitteln dagegen zur Wehr setzen.“
Urteilsspruch löst Kritik an Gericht und Bundesinnenministerin aus
Im Internet und insbesondere bei X finden sich zahlreiche Solidaritätsbekundungen für den Publizisten, AfD-Politiker Maximilian Krah postete eine Abwandlung des ursprünglichen Beitrags. Auch Kritik an den Richtern des Amtsgerichts Bamberg ist zu lesen.
Das Bundesinnenministerium hatte das Original-Foto, aus dem Bendels ein Meme gemacht hatte, im Januar 2023 veröffentlicht. Auf dem Originalbild hält Nancy Faeser ein weißes Blatt in der Hand, auf dem in Großbuchstaben „WE REMEMBER“ geschrieben steht. Die SPD-Politikerin beteiligte sich mit ihrer Aktion am Gedenk-Tag für die Opfer des Nationalsozialismus. Die Unesco und der Jüdische Weltkongress hatten damals dazu aufgerufen, am 27. Januar 2023 Bilder von Plakaten mit dem Schriftzug #WeRemember im Internet zu veröffentlichen.
Nach der Verballhornung im Internet hatte Nancy Faeser Ende Mai 2024 persönlich einen schriftlichen Strafantrag gestellt, nach WELT-Informationen aber offenbar erst, nachdem sie durch die Kriminalpolizeiinspektion Bamberg über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt wurde.
David Bendels ist Herausgeber und Chefredakteur des Online-Mediums „Deutschland-Kurier“. Dem Medium wird immer wieder eine zu große Nähe zur AfD vorgeworfen. Der AfD-Politiker Petr Bystron hat etwa eine Kolumne auf der Webseite des „Deutschland-Kuriers“.
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