Seit seiner Rückkehr in den Vatikan nach einem langen Klinikaufenthalt hält Papst Franziskus seine Mitarbeiter, die Medien und viele Menschen in Rom auf Trab. Mehrmals pro Woche gibt es inzwischen Überraschungsauftritte des 88-jährigen Kirchenoberhaupts. Weder sein eigener Stab noch die professionellen „Vaticanisti“ können derzeit verlässlich voraussagen, wann und wo er auftaucht.
Seinen letzten Coup landete Papst Franziskus am Donnerstagnachmittag. Nachdem er bereits im vertrauten Kreis von Pflegern und Ärzten der Gemelli-Klinik angedeutet hatte, dass er wie an jedem Gründonnerstag Häftlinge in einem Gefängnis besuchen wolle, setzte er das auch in die Tat um. Begleitet von einer kleinen Polizei-Eskorte fuhr er im weißen Fiat 500 vom Vatikan zum nahe gelegenen Gefängnis Regina Coeli, wo ihn rund 70 Häftlinge und Wärter erwarteten.
Zwar konnte der noch immer schwer atmende Papst nicht wie in den Vorjahren den Gottesdienst mitsamt der rituellen Fußwaschung mit den Gefangenen feiern. Doch allein seine Anwesenheit und wenige ins Mikrofon gehauchte Sätze genügten, um die in dem großen Knast einsitzenden Männer, darunter auch viele Schwerverbrecher, zu begeisterten „Francesco“- und „Libertà“-Rufen zu bringen.
Franziskus: „Ich werde es so verbringen, wie ich es kann“
Laut dem Vatikanmedium „Vatican News“, das als einziges dabei sein durfte, mussten die Wärter die Gefangenen wiederholt zur Ordnung rufen, um einen halbwegs geordneten Ablauf der schlichten Zeremonie sicherzustellen. Am Ende gab es ein Vaterunser-Gebet, den Papst-Segen und einen kurzen Gruß für jeden Einzelnen. Die Sprechchöre der Häftlinge waren laut Anwesenden bis auf die Straße zu hören.
Bei der Ausfahrt aus dem Gefängnis gelang es einigen Journalisten, dem Papst erstmals seit zwei Monaten wieder direkte Antworten zu entlocken. Auf die Frage nach seinem Zustand scherzte er: „Ich sitze“. Die entscheidende Frage nach seiner Anwesenheit zu Ostern, die derzeit alle Vaticanisti umtreibt, ließ er gekonnt offen. Darauf angesprochen, wie er Ostern verbringe, sagte er nur: „Ich werde es so verbringen, wie ich es kann.“
Spekulationen, ob und in welcher Form er bei der wichtigen Ostermesse auf dem Petersplatz und beim weltweit übertragenen Segen „Urbi et Orbi“ dabei sein wird, erhielten wenig später neue Nahrung. Diesmal durch einen TV-Auftritt von Gemelli-Chef-Internist Sergio Alfieri. Der Spitzen-Mediziner hatte vom 14. Februar bis 23. März das Ärzteteam um den Papst geleitet.
Nun bescheinigte er Franziskus in einem Exklusiv-Interview im ersten Programm der RAI zur besten Sendezeit, dass sein prominentester Patient „Fortschritte macht, die all unsere Erwartungen übertreffen“. Bei der Begegnung mit dem medizinischen Personal am Mittwoch habe Franziskus ihm gesagt, dass es ihm gut gehe; dass er wichtige Entscheidungen treffe und dass er immer wieder rauswolle aus seiner Wohnung.
Ein weiteres Lebenszeichen des Papstes
Die Überraschungsausflüge zeigten, dass es ihm besser gehe, so Alfieri. Zugleich erinnerte der Internist vorsichtig daran, dass sich der Papst eigentlich noch in der Phase der Rekonvaleszenz befinde. „Wahrscheinlich hat er einen direkten Draht zu seinem Chef; wir als Klinik haben das unsere getan“, so der Internist.
Am Freitagmittag veröffentlichte der Vatikan die Meditationen für den nächtlichen Kreuzweg am Kolosseum. Die Zeremonie gehört in Rom alljährlich zu den eindrucksvollsten religiösen Ritualen rings um Tod und Auferstehung. Tausende Pilger nehmen teil, Millionen Fernsehzuschauer verfolgen sie.
Die inhaltlich dichten Texte, die bei der Prozession vorgetragen werden, hat laut Vatikanangaben diesmal Franziskus persönlich geschrieben. In dem Text heißt es gleich zu Beginn: „Der Kreuzweg ist das Gebet derer, die in Bewegung sind. Er unterbricht unsere gewohnten Pfade, damit wir von Müdigkeit zur Freude gelangen.“ Auch dies ein weiteres Lebenszeichen des Papstes, knapp vier Wochen nach seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus.
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