Die Zwillingsbrüder Smoke und Stack – beide charismatisch verkörpert von Michael B. Jordan – sind keine Kinder von Traurigkeit. Nachdem sie sich unter Al Capone in Chicago eine goldene Nase verdient haben, kehren die zwei Afroamerikaner in ihre Heimat, die Südstaaten, zurück.
Dort weht 1932 punkto Diskriminierung ein anderer Wind, weil hier – anders als im Norden – die sogenannten Jim-Crow-Gesetze gelten. Diese halten die Rassentrennung nach der Abschaffung der Sklaverei am Leben.

Als moralisch integre Identifikationsfigur bietet «Sinners», wie der US-Film im Original heisst, den 19-jährigen Sammie an. Der musikalisch begabte Cousin von Smoke und Stack wird gleich zu Beginn davor gewarnt, die Nächte mit Blues-Musik und zwielichtigen Gestalten zu verbringen: «Wenn du ständig mit dem Teufel tanzt, dann folgt er dir eines Tages nach Hause.»
Bedroht von Vampiren und dem Ku-Klux-Klan
Dieser dunklen Prophezeiung folgend, tauchen auf einer nächtlichen Feier von Smoke, Stack und Sammie tatsächlich Dämonen auf. Auf den ersten Blick scheinen die Party-Crasher mit ihren irischen Volksliedern ganz nett zu sein. Auch wenn das feurige Funkeln in ihren Augen vorausahnen lässt, dass es sich um böse Blutsauger handelt.

Wieso die Vampire in «Blood & Sinners» besonders nach dem Blut von Afroamerikanern gieren und was der Ku-Klux-Klan damit zu tun hat, sei nicht verraten. Nur so viel: Es ist komplizierter, als man es sich vom populären Genre gewohnt ist. Was im Idealfall dazu führt, dass mehr über die diversen Bedeutungsangebote diskutiert wird.
Sozialkritischer Horror
Die Chancen, dass sich diese von Erfolgsregisseur Ryan Coogler selbst formulierte Hoffnung verwirklicht, stehen gut. Zumal dessen historisch situierter Horrorfilm nicht nur blendend unterhält, sondern praktisch das ganze aktuelle Rassismus-Spektrum abdeckt. Diskriminierende Sprache ist hier genauso Thema wie kulturelle Aneignung oder generationsübergreifende Traumata.
Bereits ein flüchtiger Blick in die Kino-Annalen zeigt: Kein Genre eignet sich besser für bissige Gesellschaftskritik als der immer noch oft unterschätzte Horrorfilm.

Dem Zombiefilm verlieh George A. Romero schon 1968 mit «Night of the Living Dead» politische und sozialkritische Impulse. Nicht, weil er die Untoten erstmals ohne Zauberkraft aus den Gräbern steigen liess. Sondern weil er einen Afroamerikaner ins Zentrum seiner brutal endenden Geschichte setzte: Der tragische Held wird das Opfer einer rechtsnationalen Bürgerwehr, die ihn für einen Zombie hält.
Eher aus linksliberalen Kreisen kommt dagegen der perfide Rassismus, mit dem es der schwarze Protagonist in Jordan Peeles «Get Out» zu tun kriegt. Die 2018 mit dem Drehbuch-Oscar gekrönte Horrorsatire verlieh der harmlos klingenden Maxime «black is beautiful» mit ihrem Körperdiebstahl-Plot eine furchterregende Komponente.
Bei Cooglers Untoten reimt sich Blut auf Blues
Kein Wunder also, nennt Ryan Coogler explizit «Get Out» als eine der wichtigsten Inspirationsquellen für seine jüngste Regiearbeit. Wirklich mit anderen Filmtiteln vergleichen lässt sich «Blood & Sinners» dennoch nicht, was für die Originalität dieses Hybrids aus Grindhouse- und Arthouse-Movie spricht.

Auf eine ebenso knappe, wie mysteriöse Formel reduziert, sagt dieser berauschende 70-Millimeter-Bilderbogen: Rassisten und Blutsauger sind Blues-Verwandte.
Kinostart: 17.4.2025
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