Der Dollar ist im globalen Finanzsystem seit Jahrzehnten das Maß aller Dinge und der sichere Hafen für Investoren in Krisenzeiten. Daran rüttelt Donald Trump mit seinen Zöllen gewaltig. Überraschende Gewinner sind der Euro und deutsche Bundesanleihen.

Anfang dieses Jahres schien der Ausblick für den Euro klar. Und dieser Ausblick war schlecht. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde für etwa einen US-Dollar und drei Cent gehandelt. Mit dem bevorstehenden Amtsantritt von Donald Trump würde es mit dem Euro noch weiter nach unten gehen, die Euro-Dollar-Parität - ein Verhältnis von 1:1 - erschien nur eine Frage der Zeit. Denn mit den von Trump angekündigten Zöllen, so glaubten die meisten Ökonomen, würde der Dollar weiter aufwerten. Die europäische Wirtschaft und deren Währung würde geschwächt.

Drei Monate später ist das Gegenteil eingetreten: Der Euro erlebte seinen schnellsten Anstieg gegenüber der US-Währung seit mehr als einem Jahrzehnt. Inzwischen notiert er bei 1,14 Dollar, dem höchsten Stand seit gut drei Jahren. Trump hat mit seinen Zöllen ein Chaos angerichtet, das die Vorstellungskraft der Experten überstieg und das Vertrauen der Finanzmärkte in die USA erschütterte, statt den Dollar zu stärken. Vergangene Woche erlebten nicht nur die amerikanischen Aktienmärkte heftige Turbulenzen. Auch amerikanische Staatsanleihen, die von Investoren bislang immer als sicherer Hafen für ihr Geld in Krisenzeiten galten, wurden abgestoßen. Und während sich die Aktienmärkte wieder beruhigten, hielt die Flucht aus US-Anleihen weiter an.

"Wir befinden uns mitten in einem dramatischen Systemwechsel auf den Märkten", schrieb George Saravelos, globaler Leiter der FX-Strategie bei der Deutschen Bank, in einer Notiz an die Kunden, aus der die "Financial Times" zitiert. "Angesichts der dramatischen Entwicklung der Ereignisse werden wir zunehmend besorgt, dass der Dollar Gefahr läuft, eine breitere Vertrauenskrise zu erleiden."

Günstig für kommende Bundesregierung

Von dieser Vertrauenskrise in den Dollar profitiert nicht nur der Euro als Währung, sondern auch der deutsche Staat, dessen Anleihen als Alternative zu den US-Schuldentiteln an Attraktivität gewinnen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel auf 2,56 Prozent, nahe ihrem niedrigsten Stand seit mehr als einem Monat. Bei zehnjährigen US-Staatsanleihen waren die Renditen im selben Zeitraum stark gestiegen. Renditen der Staatsanleihen bewegen sich immer umgekehrt zum Kurs von Anleihen. In diesem Fall entsprechen fallende Renditen einem steigenden Preis für die Bundesanleihen aufgrund der erhöhten Nachfrage der Investoren. Niedrigere Renditen deuten darauf hin, dass sich ein Staat günstiges Geld am Kapitalmarkt besorgen kann.

"Es ist sehr auffällig, dass in einem Moment der Belastung die Bundesanleihen als sicherer Hafen fungieren, anstatt die US-Staatsanleihen", sagte Sander Tordoir, Chefökonom am Centre for European Reform der "New York Times". Deutschlands Schulden gelten als die sichersten der Welt, die Bundesregierung hat bei allen Ratingagenturen die bestmögliche Bonitätsbewertung. Doch noch vor wenigen Wochen war auch der Ausblick für die Bundesanleihen eher verhalten. Die Aussicht auf ein stark erhöhtes Angebot neuer Staatsanleihen aufgrund der Lockerung der Schuldenbremse und das schuldenfinanzierte Infrastrukturpaket der wahrscheinlich nächsten Bundesregierung hatte die Renditen deutlich steigen lassen. Der nun durch Trump ausgelöste Nachfrageschub gleicht das aktuell in etwa wieder aus. Die Renditen anderer Staatsanleihen aus der Eurozone sanken zuletzt ebenfalls.

Nicht nur für die Bundesregierung kommt die neue Stärke des Euro und der Bundesanleihen angesichts der geplanten Schuldenaufnahme gelegen. Der nicht nur gegenüber dem US-Dollar, sondern auch den Währungen anderer Handelspartner aufgewertete Euro dämpft die Preise von importierten Gütern und damit die Inflation. Das vergrößert den Handlungsspielraum der Europäischen Zentralbank für Zinssenkungen. Problematisch ist der unerwartet starke Euro dagegen für europäische Exporteure, die schon mit den neuen US-Zöllen zu kämpfen haben, und nun einen weiteren Wettbewerbsnachteil erleiden, weil ihre Waren in anderen Währungen gerechnet teurer werden.

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