Am Dienstagabend hatte der parteilose Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz scharfe Kritik an der aktuellen Bürgergeld-Praxis in Deutschland geübt. „Man möchte nicht, dass Bürgergeldempfänger sofort Knall auf Fall die Wohnung wechseln müssen, da habe ich erst mal Verständnis für. Dann schafft man eine Regelung – ein Jahr lang wird die Miete nach oben unbegrenzt bezahlt“, sagte er. „Ich habe einen Bescheid gesehen, dass eine Bürgergeld-Familie 6000 Euro Bürgergeld im Monat bekommt.“
Auf Lanz‘ ungläubige Nachfrage „Wofür?“ antwortete Palmer: „Die haben sieben Köpfe in der Familie und eine sauteure Wohnung, wo einer noch abzockt, der sie halt da drin hat.“ Sein Appell: „Vielleicht kann man die guten Absichten mal wieder darauf reduzieren, dass der Staat gegen Notlagen hilft und nicht jedes Risiko auf der Welt absichert. Wenn ich so eine teure Wohnung habe, muss ich halt umziehen.“
Einen Tag später legte der 52-Jährige mit einem Facebook-Beitrag nach: „Ich erhalte heute eine größere Zahl von Mails, in denen Menschen mir vorhalten, was ich bei Markus Lanz berichtet habe, könne gar nicht wahr sein. Doch, ist es. Das ist es ja, dass man das gar nicht glauben kann. Die Regelung, die für ein Jahr die Kosten der Unterkunft nicht nach oben deckelt, hat dazu geführt, dass in manchen Fällen monatliche Zahlungen entstanden sind, die jedes vernünftige Maß sprengen. Anbei ein hinreichend anonymisierter Screenshot eines Anspruchs einer Familie von mehr als 6000 Euro.“ Demnach hat die Familie im Januar 2023 sogar 7471 Euro erhalten.
Der Präsident des Landkreistages Achim Brötle habe daher in der Sendung die einfache und richtige Forderung vorgetragen, wieder zur früheren Regelung zurückzukehren, wonach die Kosten der Unterkunft im Bürgergeld von Anfang an gedeckelt sind, so Palmer weiter. „Man bekommt dann die Miete nur bis zu einer Höhe, die von der Haushaltsgröße und dem Mietspiegel abhängt, erstattet. Mehr nicht. Es geht also nicht darum, nach unten zu treten oder Bürgergeldempfänger zu diffamieren. Es geht einfach darum, eine Regel, die Ergebnisse produziert, die nicht nachvollziehbar sind, anzupassen.“
Denn eines müsse ja klar sein, schreibt Palmer abschließend: „Wir müssen denen, die ihre Miete mit eigener Arbeit bezahlen, schon noch erklären können, was wir da machen. Und 6000 Euro für den Lebensunterhalt einer Familie nach Steuern und Abgaben zu verdienen, schaffen nicht viele.“
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