Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose für 2025 auf null korrigiert, wie das Bundeswirtschaftsministerium unter Noch-Minister Robert Habeck (Grüne) bekanntgab. Schuld daran ist laut Habeck Donald Trump.
„Der Hauptgrund ist, dass die Handelspolitik der USA, das Drohen und das Verhängen von Zöllen, direkt auf die deutsche Wirtschaft, die ja sehr stark exportorientiert ist, wie auch indirekt auf die deutsche Wirtschaft einwirkt“, so der Grünen-Politiker auf der Bundespressekonferenz in Berlin.
Bei WELT TV widerspricht die Wirtschaftsweise und habilitierte Ökonomin Veronika Grimm der Darstellung Habecks. Als ursächlich für die lahmende Wirtschaft sieht die Ökonomin vorwiegend ein zu geringes Arbeitsvolumen und mangelnde Innovationskraft infolge nicht angegangener Reformen – und einen Koalitionsvertrag, der allenfalls für ein kurzes Wachstum, jedoch nicht für eine grundsätzliche Wende sorgen wird:
WELT: Frau Grimm, Herr Habeck hat die Konjunkturprognose vorgestellt. Und er hat viel darüber geredet, woran es seiner Ansicht nach liegt – am Zollkrieg Donald Trumps. Es war nicht von Selbstkritik oder auch von hausgemachten Problemen die Rede. Viele Wirtschaftsforscher sehen aber neben dem Zollkrieg auch die hausgemachten Probleme. Wie sehen Sie das?
Veronika Grimm: Ja, ich glaube, es gibt sowohl hausgemachte Probleme, die jetzt auf die Ampelregierung zurückgehen. Es gibt aber auch, und das ist noch entscheidender, seit 2018 eine strukturelle Krise in der deutschen Wirtschaft, die nicht wirklich adressiert wird von der Politik. Das basiert im Wesentlichen auf einem sinkenden Arbeitsvolumen. Die Renteneintritte der Babyboomer-Generationen schlagen hier zu Buche und dämpfen das Wachstumspotenzial der Wirtschaft. Die Investitionen sind zurückgegangen. Auch die Innovationskraft der Wirtschaft ist nicht zufriedenstellend. Und das müsste man mit strukturellen Reformen adressieren. Da hat sich die Ampelregierung schwergetan. Und auch der Koalitionsvertrag gibt da eigentlich nicht genug her, um diesen Problemen wirklich Herr zu werden.
WELT: Der Koalitionsvertrag war das große Versprechen von der CDU, eine Wirtschaftswende herbeizuführen. Diese Wirtschaftswende sehen Sie also im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot nicht?
Veronika Grimm: Nein, die sehe ich noch nicht. Wir haben jetzt diese großen Schuldenpakete. Die werden natürlich dazu führen, dass kurzfristig Wachstum entsteht. Zwar nicht ganz kurzfristig. Es wird eine Weile dauern, bis man es schafft, dieses Geld überhaupt auszugeben. Deswegen glaube ich auch, dass im Jahr 2025 noch eine Entwicklung um 0 Prozent zu beobachten sein wird.
2026 wird die Unterauslastung der Wirtschaft abnehmen. Sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch in der Bauwirtschaft haben wir eine sehr starke Unterauslastung aktuell. Durch diese schuldenfinanzierten Projekte, die dann eben kommen werden, wird sich diese Produktionslücke Stück für Stück zunächst schließen.
Wenn wir aber kein zusätzliches Produktionspotenzial bekommen durch strukturelle Reformen, also keine zusätzlichen Investitionen seitens der Privatwirtschaft, dann wird das ein Strohfeuer sein. Dann wird eben diese zusätzliche Nachfrage, die generiert wird, zu einem höheren Preisdruck führen. Also es ist ganz wichtig, dass man parallel zu diesen schuldenfinanzierten Investitionen auch strukturelle Reformen vorantreibt, die eben das Produktionspotenzial der Wirtschaft steigern. Und da ist im Koalitionsvertrag nicht genug zu sehen.
WELT: Robert Habeck hat bei seiner Vorstellung heute unter anderem auch die Maßnahmen, die es jetzt braucht, um der schwächenden Wirtschaft zu helfen, vorgetragen. Die eine war, die eigene Produktion der kritischen Güter weiter zu steigern. Das andere Stichwort lautete ‚Klimaneutralität‘. Kohle- und Ölheizungen seien ein Tabu und aus Wettbewerbsgründen falsch. Ist das hilfreich oder schädlich in Bezug auf die Wirtschaft?
Veronika Grimm: Wir haben verschiedene Herausforderungen. Die Frage der Sicherheit und Resilienz der deutschen Wirtschaft, die ist wichtig, aber die wird nicht der Wachstumsmotor werden. Die zusätzlichen Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit, die werden auch ein bisschen Wachstum bringen. Aber das wird das Wachstum nicht wirklich strukturell nach Deutschland zurückbringen. Es sei denn, man macht hier sehr, sehr viel im Hochtechnologiebereich und in der Privatwirtschaft im Bereich Forschung und Entwicklung.
Im Bereich Klimaneutralität sehe ich das ganz ähnlich. Von der Geschichte vom grünen Wirtschaftswunder müssen wir uns eigentlich von verabschieden. Es ist wichtig, dass wir den Klimaschutz voranbringen. Aber um wirklich Wachstum zu generieren, müssen wir die Innovationskraft der deutschen Volkswirtschaft stärken. Wir müssen einerseits Steuern senken für die Unternehmen, wir müssen Flexibilität an den Arbeitsmärkten schaffen und vor allen Dingen die Regulierung reduzieren.
Wir regulieren vieles von vornherein weg. Das ist besonders schädlich. Wir müssen wieder Innovationsstandort werden und dafür brauchen wir eine offenere Regulierung, die eben auch Innovationen und technologischen Fortschritt zulässt.
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