Der heute 23-jährige Felix Gerike hat im Januar 2023 den Messerangreifer gestoppt, der in einem Regionalzug bei Brokstedt zwei junge Menschen tötete. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) erinnert er sich an diesen Mittwochabend, als er nach der Arbeit in Neumünster in den Zug stieg – und Monate später für seinen Einsatz die Rettungsmedaille am Bande des Landes Schleswig-Holstein erhielt.

Am 25. Januar 2023 war es zu der Messerattacke in einem Regionalzug auf dem Weg von Kiel nach Hamburg gekommen. Der Palästinenser Ibrahim A. tötete zwei junge Menschen: die 17-jährige Ann-Marie und ihren 19 Jahre alten Freund Danny. Vier weitere Fahrgäste wurden schwer verletzt. Eine Frau, die bei der Attacke verletzt wurde, nahm sich später das Leben. A. wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Vor wenigen Wochen wurden acht Frauen und Männer mit der Rettungsmedaille am Bande ausgezeichnet. Durch ihr Einschreiten verhinderten die Geehrten weitere Todesopfer, indem sie den Angreifer abwehrten, entwaffneten und in Schach hielten, sowie Verletzte in Sicherheit brachten und Erste Hilfe leisteten. Einer von ihnen ist Felix Gerike.

Dann sah er das Messer

Gerike berichtet, er – damals 21 Jahre alt und Azubi bei einem großen deutschen Elektronikkonzern – habe während eines längeren Halts in Brokstedt eine stark blutende Frau auf dem Bahnsteig gesehen. Er sei ausgestiegen, habe einem Umstehenden ein Päckchen Taschentücher in die Hand gedrückt und sei wieder eingestiegen – dann habe er beschlossen, einen Erste-Hilfe-Kasten zu suchen. „Dann bin ich durch den Zug gegangen“, erinnert sich Gerike, „durch ein oder zwei Waggons bestimmt.“ Als er eine größere Menge Blut auf dem Boden sah, vermutete er, dass dort die Frau gestürzt sei. Vor ihm stand ein Mann mit dem Rücken zu ihm. Gerike sprach ihn an: „Kann ich helfen?“ Oder: „Ist alles okay?“ Der Mann drehte sich um, Gerike sah das Messer in der Hand des Angreifers. „Und dann war halt alles klar.“

Der Mann mit dem Messer sei auf ihn zugestürzt. Gerike wich zurück, rief um Hilfe und hob Hände, um sich zu schützen. Dann, „aus irgendeinem Instinkt heraus“, griff er nach den Armen des Aggressors – und hat danach einen Filmriss.

An den Kampf kann er sich nicht erinnern. Als seine Erinnerung wieder einsetzt, sei er ein paar Meter weiter auf dem Boden gelegen, der Täter lag auf ihm. Die Handgelenke des Mannes habe er fest im Griff gehalten. „Dann hat er mir noch in die Nase gebissen“, erzählt Gerike. Das Messer muss der Angreifer im Kampf verloren haben. Ein Mitreisender warf es in den nächsten Mülleimer. Jemand schmiss einen Koffer und eine Aktentasche nach dem Täter. Die Zugtür ging auf, der Angreifer wollte weg, Gerike ließ los, auf dem Bahnsteig umringten andere den jetzt unbewaffneten Mann. Die Gefahr war gebannt.

„Ich weiß nicht, ob man der Held in so einer Geschichte sein möchte“

Gerike erlitt mehrere Verletzungen bei dem Kampf. Dazu zählt eine knochentiefe Stirnwunde sowie eine fünf bis sechs Zentimeter tiefe Stichverletzung in der Hüfte. Außerdem etliche kleinere Schnitte am Kopf. Im Rückblick sagt er, dass er Glück gehabt habe: Dass er keine bleibenden Schäden davongetragen habe. Und dass der Angreifer sich umdrehen musste, bevor er auf ihn losging, weil er dadurch Zeit zu reagieren gewann. „Ich weiß nicht, ob man der Held in so einer Geschichte sein möchte“, sagt Gerike. „Es ist halt kein Film.“

„Wenn ich als Erstes angegriffen worden wäre, hätte ich auch keine Chance gehabt“, sagt Gerike. Er brauchte nicht einmal Schmerzmittel. Eine Woche nach der Attacke ging er wieder zur Ausbildung. „Ich wollte einfach normal weiterleben“, sagt Gerike. Sobald die Fäden gezogen waren, machte er wieder Sport. Eine Psychologin entließ ihn nach wenigen Sitzungen, er sei auf einem guten Weg. Auch Zug fährt er wieder, wie immer.

In migrationspolitischen Fragen bleibt Gerike laut „FAS“ liberal: „Es ist überhaupt keine Lösung, zu sagen, wir müssen unsere Grenzen dichtmachen oder alle Leute rausschicken.“ Wenn jemand willkürlich ihm unbekannte Menschen angreife, spiele der kulturelle Hintergrund keine Rolle. „Ich glaube nicht, dass so eine Person irgendwo auf der Welt guten Anklang findet“, sagt Gerike. Ihn ärgere aber, dass keine Lehren aus dem Angriff gezogen worden seien. Jüngere Taten wie in Aschaffenburg, wo ein 28-jähriger Afghane einen Mann und ein Kind tötete, zeigten, dass es nach wie vor an der Zusammenarbeit der Behörden hapere.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.