Die frühere Grünen-Politikerin Valerie Wilms war vermutlich schon vor vielen Jahren der erste Transmensch im Deutschen Bundestag. Wilms, 71, machte das in dieser Zeit von 2009 bis 2017 allerdings nicht öffentlich, sondern wollte nur als Frau und Fachpolitikerin wahrgenommen werden. Erst jetzt outete sie sich in einem Buch über diese Zeit, das kurz nach Ostern erscheint: „Meine zwei Leben. Als Junge geboren – als Frau im Bundestag“.
An der Kategorisierung in männlich und weiblich halte sie fest, sagte Wilms nun in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“. Alles andere sei „reine soziologische Träumerei, die keine wissenschaftlich vernünftige Basis hat“, so die Politikerin. „Die Realität ist, dass wir zwei biologische Geschlechter haben: männlich und weiblich. Trotz meiner Transition bin und bleibe ich biologisch ein Mann.“
Dennoch habe sie sich Mitte der 1990er-Jahre dazu entschieden, in der Rolle als Frau zu leben. Das Selbstbestimmungsgesetz zur Transgeschlechtlichkeit, das den Wechsel des offiziellen Geschlechts stark vereinfacht, lehnt sie ab: „Ich könnte jedes Jahr freifliegend mein Geschlecht wechseln, ganz nach dem Motto: Heute bin ich eine Frau, im nächsten Jahr ein Mann und dann divers.“
Die gesellschaftliche Akzeptanz von Transsexuellen drohe dadurch abzunehmen. Es sei wichtig, einen „pragmatischen, vernunftbasierten Umgang mit diesem Thema finden, der die Biologie als das erkennt, was sie ist – die Wahrheit“. Zu behaupten, dass es 70 Geschlechter oder Geschlechtsidentitäten gebe, entbehre „jeglicher Vernunft“. Wilms forderte: „Das Selbstbestimmungsgesetz sollte aufgehoben werden.“
Transsexualität bezeichnete sie als „psychiatrische Erkrankung“. Dies sei in der Vergangenheit auch Voraussetzung dafür gewesen, dass die medizinischen Leistungen von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen wurden. Dass Mediziner Transsexualität inzwischen als „Geschlechtsinkongruenz“ betrachten, sei ein Fehler. „Ich halte das Ganze immer noch für eine psychiatrische Erkrankung.“
Wer offiziell ein anderes Geschlecht haben wolle, solle eingehend psychologisch untersucht werden. „Diese Untersuchungen sind nicht nur relevant, sie sind eminent wichtig!“ Sie selbst sei von einem Psychologen „auseinandergenommen“ worden, „und das war sehr hilfreich, weil ich mich mit meiner Entscheidung immer und immer wieder auseinandersetzen musste. Heute werden leichtfertig Pubertätsblocker verschrieben“.
„Versteckspiel mit Frauenkleidung im Geheimen“
In ihrem Buch berichtet Wilms, wie sie 1954 als Junge in Hannover geboren wurde und aufwuchs. In der Pubertät habe sie gemerkt, dass etwas anders war bei ihr, im Maschinenbau-Studium betrieb sie ein „Versteckspiel mit Frauenkleidung im Geheimen“. Erst während einer Ehe mit zwei Kindern sei sie auf das Thema Transsexualität gestoßen. Mitte der 90er-Jahre folgten ärztliche Behandlungen und eine Geschlechtsänderung beim Amtsgericht zur Frau.
2005 kam Wilms zu den Grünen in Schleswig-Holstein, 2009 zog sie in den Bundestag ein. Ihre Transsexualität sei als Abgeordnete und Verkehrspolitikerin nie ein Thema gewesen – sie habe nicht darauf reduziert werden wollen. Inzwischen ist Wilms bei den Grünen ausgetreten. Mit der Partei habe sie „komplett abgeschlossen“, sagte sie der „Berliner Zeitung“.
In dem Interview erhob sie auch Vorwürfe gegen frühere Parteifreunde: „Ich bin aus grünen Kreisen als Nazi beschimpft worden.“ Das habe sie jedoch alles hinter sich. „Heute bin ich parteilos und das bleibe ich. Auch wenn mir immer wieder unterstellt wird, dass ich mit der AfD sympathisiere, aber das ist nicht richtig.“
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