Der "Tag der Befreiung" hat weitere Konsequenzen: Seit heute früh gelten die länderspezifischen Sonderzölle, die US-Präsident Trump kürzlich vorstellte. China zieht dabei besonderen Groll auf sich. In Brüssel wird derweil an Gegenmaßnahmen gefeilt.

Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten länderspezifischen Sonderzölle sind in Kraft getreten. Seit Mitternacht amerikanischer Zeit (6.01 Uhr MESZ) gelten für viele Länder deutlich höhere Abgaben - vor allem für jene, mit denen die USA nach Regierungsangaben ein besonders hohes Handelsdefizit haben. Für jedes betroffene Land wurde ein individueller Zollsatz festgelegt, der neben klassischen Einfuhrabgaben auch andere Handelshemmnisse abbilden soll. Daraus leitet sich der entsprechende US-Zoll auf Importe aus diesen Ländern ab.

Deutschland wird dabei nicht einzeln aufgeführt, sondern fällt unter den Satz von 20 Prozent für die gesamte Europäische Union. Ökonomen zweifeln jedoch an der Berechnungsgrundlage für die Länderliste und kritisieren, dass sie auf teils fehlerhaften Annahmen beruhe. Gegen China verhängte Trump nochmals höhere Zölle, als Reaktion auf Gegenmaßnahmen Pekings.

Bereits am Samstag war der erste Schritt des Maßnahmenpakets in Kraft getreten: pauschale Importzölle von zehn Prozent auf Waren aus allen Ländern. Bestimmte Waren sind von den Zöllen ausgenommen, etwa solche, für die bereits spezifische Zollregelungen gelten. Darunter fallen etwa Stahl- und Aluminiumprodukte sowie Autos und Autoteile. Außerdem sind einige weitere Produkte wie Kupfer, Arzneimittel, Halbleiter, Holzprodukte oder bestimmte kritische Mineralien ausgenommen. Das Weiße Haus machte allerdings deutlich, dass Trump für diese Warengruppen schon bald Sonderzölle verhängen könnte.

Der US-Präsident hatte sein neues, gewaltiges Zollpaket bei einer Veranstaltung im Rosengarten des Weißen Hauses präsentiert - unter dem Titel "Tag der Befreiung". Danach kündigten mehrere Länder Gegenmaßnahmen an. Andere setzen auf Verhandlungen. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt sagte in Washington, bislang hätten sich fast 70 Länder an die US-Regierung gewandt, das Telefon klingele "ununterbrochen". Einige Staatsoberhäupter wollten demnach sofort "ins Flugzeug steigen", um Verhandlungen aufzunehmen.

"Großer Übeltäter" muss blechen

Mit dem Paket sagt Trump zwar Handelspartnern in aller Welt den Kampf an. Einen besonderen Groll hegt er aber gegenüber China. Er bezeichnet das Land als "größten Übeltäter". Nachdem Peking auf Trumps Ankündigung mit Gegenzöllen in Höhe von 34 Prozent reagiert hatte, erhöhte Washington die Abgaben auf chinesische Produkte nochmals deutlich auf insgesamt 104 Prozent. Am Dienstag (Ortszeit) unterzeichnete der US-Präsident ein entsprechendes Dekret.

Neben den besonders hohen generellen Sonderzöllen ordnete Trump per Dekret zusätzlich Zölle von 90 Prozent auf geringwertige Waren aus dem Land an - eine Verdreifachung der bisher vorgesehenen Abgaben für diese Artikel. Ursprünglich wollte Trump Waren mit einem Wert von unter 800 Dollar (rund 724 Euro) ab dem 2. Mai mit einem Zoll von 30 Prozent belegen. Bisher waren solche Güter von Zöllen ausgenommen. Dank dieser Regel lieferten chinesische Online-Händler wie Temu und Shein in großem Stil ihre Produkte in die USA.

Trotz der drastischen Maßnahmen zeigte sich Trump zuversichtlich, dass China verhandlungsbereit bleibe. Das Land wolle unbedingt ein Abkommen schließen, wisse aber nicht, wie es dies in die Wege leiten könne, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. "Wir warten auf ihren Anruf. Es wird geschehen!", erklärte Trump.

Auch das Handelsverhältnis mit der EU ist Trump ein Dorn im Auge. Ein Angebot aus Brüssel, sämtliche Zölle auf Industriegüter beiderseits abzuschaffen, schlug Trump aus. Stattdessen forderte er, die EU solle als Ausgleich mehr Energie aus den USA importieren. Für den Nachmittag wird erwartet, dass sich die EU auf erste Gegenmaßnahmen zu den US-Stahl- und Aluminiumzöllen einigt, die bereits vor Trumps großem Maßnahmenpaket in Kraft getreten waren. Dabei werden entgegen ursprünglichen Planungen voraussichtlich keine Zusatzzölle auf US-amerikanischen Whiskey erhoben.

Konkret stehen nach Angaben aus EU-Kreisen etwa 25 Prozent auf Sojabohnen, Kleidungsstücke sowie Eisen-, Stahl- und Aluminiumwaren zur Abstimmung. Für andere Waren sollen zehn Prozent fällig werden. Insgesamt soll die Liste 66 Seiten umfassen. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, sollen manche Zölle bereits kommende Woche in Kraft treten. Die meisten Gegenzölle sollen demnach von Mitte Mai und die Abgaben auf Mandeln und Sojabohnen erst vom 1. Dezember an greifen. Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini, sprach von verhältnismäßigen und überlegten Gegenmaßnahmen, mit denen der Schaden für die USA größer sei als für die EU.

Zollstrategie sorgt für internen Streit

Trumps Vorstoß ließ zudem die Börsen weltweit einbrechen. Zwar ging es nach dramatischen Kursverlusten wieder etwas aufwärts. Doch die aggressive Handelspolitik der US-Regierung sorgt weiterhin für erhebliche Verunsicherung. Es wird befürchtet, dass ein eskalierender Handelskonflikt die globale Wirtschaft in eine tiefe Krise stürzt. Auch in den USA wächst die Sorge vor einer Rezession. Selbst unter Trumps politischen Verbündeten regt sich Kritik. So entlud sich eine öffentlich ausgetragene Fehde zwischen Tech-Milliardär Elon Musk und Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro - offenbar ausgelöst durch Differenzen über die neue Zollstrategie.

Navarro hatte angedeutet, Musk sei unzufrieden mit den Importzöllen, da das Geschäftsmodell seiner Firma Tesla auf günstige Bauteile aus dem Ausland angewiesen sei. Musk bezeichnete Navarro daraufhin als "Idioten", der dümmer sei "als ein Sack Ziegel".

Es ist der bislang aggressivste Eingriff von Trumps Regierung in die globale Handelspolitik. Trump zeigt sich dennoch überzeugt, dass nun das "goldene Zeitalter" der USA beginnen werde. Der US-Präsident will mit seiner Zollpolitik die heimische Produktion stärken und zugleich ausländische Handelspartner zu Zugeständnissen bewegen. Die erwarteten Zusatzeinnahmen sollen auch dabei helfen, im Wahlkampf versprochene Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.

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