Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt nach dem Zollschlag von US-Präsident Donald Trump auf Zinssenkungskurs. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagesatz wurde am Donnerstag von 2,50 auf 2,25 Prozent nach unten geschraubt. Es war bereits die siebte Lockerung seit Mitte 2024. „Der Disinflationsprozess schreitet gut voran“, erklärte der EZB-Rat. „Insbesondere in der gegenwärtigen Situation, die von außergewöhnlich hoher Unsicherheit geprägt ist, wird die Festlegung des angemessenen geldpolitischen Kurses von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen.“

Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde haben mit einer Teuerungsrate von zuletzt 2,2 Prozent ihr Inflationsziel von zwei Prozent dicht vor Augen. Mit abnehmender Inflationsgefahr besteht zugleich Spielraum, der mauen Wirtschaft mit niedrigeren Zinsen zu helfen. Doch bewegt sich die EZB auf unsicherem Terrain, da die Folgen der von Trump in Gang gesetzten Zollspirale für die Preise und die gesamte Konjunktur noch schwer abzuschätzen sind.

Trump hatte den 2. April zum „Tag der Befreiung“ erklärt und zahlreichen Handelspartnern pauschale Zölle von 20 Prozent aufgedrückt. Diese wurden kurz danach für 90 Tage auf Eis gelegt, nicht jedoch für den asiatischen Rivalen China.

Die Zinssenkung „ist kein Befreiungsschlag für die schwächelnde Konjunktur im Euroraum“, sagte Lena Dräger, Forschungsdirektorin am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Die Zentralbank folge vielmehr ihrer bisherigen Linie, nach dem deutlichen Inflationsrückgang seit dem Höchststand Mitte 2023 allmählich auf ein normalisiertes Zinsniveau zurückzukehren. Durch die erratische Zollpolitik der US-Regierung hätten sich jedoch die wirtschaftlichen Risiken für die Eurozone stark erhöht, weshalb ein größerer Zinsrückgang um einen halben Punkt aus ihrer Sicht angemessen gewesen wäre.

Die Wirtschaft im Euroraum dümpelte zuletzt vor sich hin – mit einem Wachstum von 0,2 Prozent im Schlussquartal 2024. Laut der Umfrage von S&P Global unter Einkaufsmanagern zeichnete sich zuletzt ein zarter Aufschwung ab: Sowohl die Industrie als auch der Servicesektor trugen dazu im März bei. So wurde die Industrieproduktion erstmals seit zwei Jahren wieder gesteigert, während die Geschäfte der Dienstleister noch etwas besser liefen als im Februar. Beide Zuwachsraten waren jedoch nur relativ niedrig.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.