Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) hält eine gemeinsame Entscheidung mit der SPD zur möglichen Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine für möglich und auch wünschenswert. Der voraussichtlich künftige Kanzler Friedrich Merz (CDU) habe seine Bereitschaft wiederholt, „den Taurus auch als Hebel für eine Politikänderung durch Russland einzusetzen“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Dies sei „ein wichtiges Signal“.
„Auch die SPD weiß – nicht zuletzt seit den erneuten russischen Kriegsverbrechen in Sumy –, dass man mit Putin anders umgehen muss“, sagte Wadephul mit Bezug zu dem Raketenangriff auf die ostukrainische Stadt Sumy mit mindestens 34 Toten am Sonntag. Dies sei auch „das gemeinsame Verständnis und der Geist in der Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen der Koalitionsverhandlungen“ gewesen.
Dem „Tagesspiegel“ sagte Wadephul: „Wir dürfen keine Sekunde mehr zögern. Alles Zaudern der vergangenen Jahre, jedes Zurückhalten von Material, hat am Ende Putin nur ermutigt. Diesen Fehler werden wir nicht fortsetzen.
„Ich glaube nicht, dass die SPD-Zustimmung ein 'Knackpunkt' ist“, sagte Wadephul weiter. „Vielmehr werden wir zu einer gemeinsamen Position und Entscheidung kommen, die dann auch von allen getragen wird.“
Auch gute Argumente gegen eine Taurus-Lieferung, gibt Pistorius zu bedenken
Der geschäftsführende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hingegen äußerte sich deutlich skeptischer zu dem Vorhaben, in Abstimmung mit europäischen Partnern Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern. Bei einer SPD-Konferenz in Hannover widersprach er Darstellungen, dass er schon immer für eine solche Waffenhilfe gewesen sei: „Ich habe das nie gesagt.“
Für die Lieferung von Taurus gebe es zwar gute Argumente, es gebe aber auch „viele Argumente, gute Argumente dagegen“, so der SPD-Politiker, der in einer neuen schwarz-roten Regierung wahrscheinlich Verteidigungsminister bleiben wird. Nur einen Teil dieser Abwägungen könne man öffentlich diskutieren. „Nicht alles, was man gerne wissen möchte, muss man und darf man auch wissen. Dazu gehört diese Frage eben auch“, mahnte Pistorius laut WELT in Hannover weiter.
Auch auf die Aussage von Aussage Friedrich Merz, die Lieferung von einer europäischen Abstimmung abhängig machen zu wollen, ging Pistorius ein. „Ich kenne keinen europäischen Partner mit so einem System. Von daher ist die Abstimmung so eine Sache“, konterte der SPD-Politiker.
Großbritannien und Frankreich haben Marschflugkörper geliefert
Von den europäischen Verbündeten haben bisher Großbritannien und Frankreich Marschflugkörper an die Ukraine geliefert. Die Storm Shadow und Scalp genannten, fast identischen Waffensysteme gelten aber als weniger präzise als Taurus und haben eine deutlich geringere Reichweite.
Merz hatte am Sonntag seine Bereitschaft zur Lieferung der Taurus-Raketen bekräftigt. „Nicht, dass wir selbst in diesen Krieg eingreifen, sondern dass wir die ukrainische Armee mit solchen Waffen ausrüsten“, sagte er in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Er habe aber immer gesagt, dass er das nur in Abstimmung mit den europäischen Partnern tun würde. „Das muss abgestimmt werden, und wenn es abgestimmt wird, dann sollte Deutschland sich daran beteiligen.“
Der Kreml hatte anschließend vor der Gefahr einer „Eskalation“ des Konflikts in der Ukraine gewarnt. Merz „unterstützt diverse Maßnahmen, die zu einer neuen Eskalation führen können und unweigerlich dazu führen werden“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalisten in Moskau. „Leider neigen europäische Hauptstädte nicht dazu, sich um Wege zu Friedensgesprächen zu kümmern, sie sind eher geneigt, die Fortsetzung des Krieges weiter zu provozieren“, so Peskow weiter.
Scholz lehnt Taurus-Lieferung ab
Der scheidende, nur noch geschäftsführende SPD-Kanzler Olaf Scholz lehnt die Lieferung von Taurus ab, weil er befürchtet, dass Deutschland dadurch in Krieg hineingezogen werden könnte. Die Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern können von der Ukraine aus Ziele in Moskau erreichen.
Großbritannien hat der Ukraine bereits Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow geliefert, Frankreich das baugleiche Modell Scalp. Die Reichweite soll bei mehr als 250 Kilometern liegen. Bei Taurus sind es über 500 Kilometer, das System könnte damit Ziele tief im russischen Staatsgebiet treffen.
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