Gunzesried-Säge ist ein bayerisches Dorf wie aus dem Bilderbuch: 79 Menschen leben dort, umgeben von Bergen. Wer den Ort besucht, kann Canyoning-Touren buchen oder auf einen Zwiebelrostbraten im Kamin-Eck einkehren, einem Restaurant mit Holzgiebel und Biergarten. Doch ausgerechnet in diesem Idyll kocht nun eine Debatte hoch, die es sie in der Vergangenheit in vielen Regionen der Republik gegeben hat.

Denn wie der Bayerische Rundfunk und die „Bild“-Zeitung berichten, will das zuständige Landratsamt Oberallgäu dort Asylbewerber unterbringen. Die Behörde hat dafür ein Hotel namens Heubethof angemietet. Bis zu 45 Menschen könnten dort theoretisch Platz finden.

Im Dorf, das zur 5000-Einwohner-Gemeinde Blaichach gehört, stößt das Vorhaben auf Widerstand. „Der Standort ist dafür nicht geeignet“, sagte Bürgermeister Christof Endreß (CSU) dem BR. In Gunzesried-Säge gebe es keinen Supermarkt, keinen Kindergarten, keine Schule und keine Arztpraxis. All das finde sich erst in Blaichach – mehr als acht Kilometer entfernt. Ein Bus fahre nur ein paarmal am Tag. „Auch die Integration der Geflüchteten fällt unter diesen Bedingungen schwer.“

Bewohner des Dorfes haben beim Landtag eine Petition eingereicht. Auch darin ist laut „Allgäuer Zeitung“ von fehlender Infrastruktur und fehlenden Integrationsmöglichkeiten die Rede. 29 der 79 gemeldeten Einwohner seien Rumänen, die in einer Großmetzgerei in Kempten arbeiteten und immer nur ein paar Monate blieben.

Das Landratsamt hält die Unterkunft laut BR für notwendig, weil die Unterbringungssituation trotz rückläufiger Zahlen noch immer angespannt sei. Viele Asylbewerber müssten monatelang in Zelten auf eine Umverteilung warten. Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler) erklärte dem Sender, aktuell sei geplant, ein bis zwei Familien in die geplante Unterkunft umzuverteilen, „im Idealfall“ aus der Ukraine.

Die Landrätin wünscht sich einen Dialog mit den Bürgern

„Es wird darauf geachtet, dass mindestens eine Familie ein eigenes Fahrzeug besitzt“, so die Landrätin. Überhaupt sollten in Gunzesried-Säge vorrangig Menschen untergebracht werden, die größtenteils mobil seien oder schon eine Arbeitsstelle hätten. Die Politikerin wünscht sich demnach einen Dialog mit den Bürgern. Die Herausforderungen ließen sich „nur gemeinsam bewältigen“.

Wie die Bürger auf das Vorhaben blicken, lässt eine Anwohnerin erahnen, die in „Bild“ mit den Worten zitiert wird: „Unser Ort liegt am Arsch der Welt ohne Anbindung. Ohne Auto ist man hier aufgeschmissen. Sie dürfen nicht arbeiten und liegen dann den ganzen Tag in der Sonne rum. Bin gespannt, wie die rumänischen Arbeiter, die hier leben und hart arbeiten, darauf reagieren.“

Laut Bürgermeister Endreß soll nach Ostern eine Entscheidung fallen. „Bis dahin“, sagt der CSU-Mann, „werden dort keine Flüchtlinge untergebracht.“

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