Die Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag mit der Union droht für die SPD zur Zitterpartie zu werden. Zwei weitere Juso-Landesverbände wollen den Koalitionsvertrag von Union und SPD ablehnen. „Ich werde den Koalitionsvertrag im Mitgliedervotum ablehnen“, sagte Baden-Württembergs Juso-Chef Daniel Krusic dem Nachrichtenmagazin „Politico“, das wie WELT zu Axel Springer gehört. Man wolle zudem als Landesvorstand den gesamten Landesverband zu einer Ablehnung bewegen.
Auch vom Juso-Chef in Brandenburg, Leonel Richy Andicene, kommt demzufolge ein klares Nein zur Einigung von Schwarz-Rot. „Ich werde dem Koalitionsvertrag aus voller Überzeugung nicht zustimmen“, sagte Andicene dem Nachrichtenmagazin. Der Vertrag entspreche in zentralen Punkten in den Bereichen Migration, Arbeit und Soziales nicht den Grundüberzeugungen eines sozialistischen Jugendverbands. Man wolle dem Landesverband aber keine Entscheidung vorgeben.
Am Wochenende hatten mehrere Juso-Landesverbände angekündigt, sich gegen den Vertrag zu stellen. Für die Berliner Jusos steht die Ablehnung schon fest, die Jusos aus Bayern und Schleswig-Holstein fassten bereits Beschlüsse dazu. Die Jusos in Bayern argumentierten am Wochenende, der Koalitionsvertrag sei „nicht geeignet, um die zentralen politischen Fragen und die enorme Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft anzugehen“. Die Jusos aus Schleswig-Holstein sprachen von „unsolidarischen migrations-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorhaben“. Kritik kam auch aus den Landesverbänden in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
Die SPD lässt wie auch schon 2013 und 2018 ihre Mitglieder ihr Votum über die geplante Koalition mit der Union abstimmen – damals gab es beide Male große Zustimmung. Für die Annahme des Koalitionsvertrags durch die Basis ist nicht nur die Mehrheit der Stimmen, sondern auch eine Teilnahme von mindestens 20 Prozent der Mitglieder an der digitalen Abstimmung erforderlich.
Wegner im Alleingang
Die Union verzichtet auf eine solche Befragung der Basis – alle außer der Berliner Landesverband. Wie der „Tagesspiegel“ und die „Bild“-Zeitung berichten, verschickte der vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner geführte Landesverband eine Liste mit zwölf Fragen per E-Mail an seine rund 12.500 Mitglieder. Abgefragt werden demnach zwölf Themen wie die Kehrtwende bei der Lockerung der Schuldenbremse, das Sondervermögen für Infrastruktur, die Vorhaben zur Eindämmung der illegalen Migration und die Abschaffung des Bürgergeldes. Die Mitglieder bekommen auch die Möglichkeit, den Koalitionsvertrag mit einer Schulnote zu bewerten.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), hatte noch vor wenigen Tagen einer Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag eine klare Absage erteilt. Wegners Befragung könnte deshalb als Affront gegen den wahrscheinlichen nächsten Bundeskanzler, Friedrich Merz, gewertet werden.
Der CDU-Mitgliederbeauftragte im Bund, Philipp Amthor, lobte die Aktion indes. „Wenn Landesverbände ihre autonomen Spielräume nutzen, habe ich absolut nichts dagegen“, sagte er am Sonntag gegenüber „Bild“. Es sei „gut“, dass die Berliner CDU ihre Mitglieder in dieser Form einbeziehe.
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