Eine Mehrheit der Deutschen rechnet damit, dass die neue Regierung aus Union und SPD die jüngeren Generationen über Gebühr belasten wird. 61 Prozent erwarten negative Auswirkungen der geplanten massiven Neuverschuldung. Das zeigt eine Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov für WELT AM SONNTAG durchgeführt hat.

Im Detail bewerten 31 Prozent die geplante zusätzliche Kreditaufnahme mit Blick auf die Generationengerechtigkeit als „sehr negativ“, 30 Prozent gehen von „eher negativen“ Auswirkungen aus. Insgesamt nur 13 Prozent der Befragten äußerten sich positiv in dieser Hinsicht. 16 Prozent wollten sich auf keine Tendenz festlegen, neun Prozent antworteten mit „Weiß nicht“.

Mit Blick auf die Rentenlast der Jüngeren äußerte sich jeder zweite Befragte ablehnend zu den Vorhaben der künftigen Koalitionäre (31 Prozent „eher negativ“; 19 Prozent „sehr negativ“). Hier sind lediglich zehn Prozent positiv gestimmt, 28 Prozent unentschieden, elf Prozent wollten keine Beurteilung abgeben.

Bei der Frage, welcher Partei man am ehesten zutraut, die Interessen der jüngeren Generationen in den nächsten vier Jahren am besten zu vertreten, schneiden Union und Sozialdemokraten schwach ab. Lediglich acht Prozent schreiben der SPD die notwendige Kompetenz zu, weniger als der Linken (elf Prozent). Die Union (14 Prozent) liegt deutlich hinter der führenden AfD (19).

Insgesamt bekam allerdings die Antwort „keine der genannten Parteien“ mit 21 Prozent die meisten Stimmen. Befragt wurden in der ersten Aprilwoche insgesamt 2318 Menschen ab 18 Jahren aus dem gesamten Bundesgebiet.

Wie die SPD die Vorhaben verteidigt

Der alte Bundestag hatte kurz vor seiner Auflösung den Weg für historisch hohe Kredite geebnet, die in Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz fließen sollen. Der Bundesrechnungshof rechnet deshalb für 2035 mit zusätzlichen Schulden von einer Billion auf dann 2,7 Billionen Euro. Rechnungshof-Präsident Kay Scheller warnt vor einer dauerhaften Aufweichung der Schuldenbremse und fürchtet, dass die Schutzwirkung für zukünftige Generationen verloren gehen könnte. So drohen laut Rechnungshof für 2035 zusätzliche Zinskosten von 37 Milliarden Euro. Das wäre mehr als eine Verdopplung. 2024 musste Deutschland 34 Milliarden Euro an Zinsen zahlen.

Für die Grünen sind die Umfrage-Ergebnisse Anlass zu scharfer Kritik an den Koalitionsplänen von Union und SPD. „Schwarz-Rot ignoriert die junge Generation“, konstatiert der grüne Bundestagsabgeordnete Andreas Audretsch. „Die Koalition droht gerade für junge Menschen zur ungerechtesten Regierung aller Zeiten zu werden.“ Unter anderem drohten die Sozialversicherungsbeiträge zu explodieren. „Junge Menschen trifft das ganz besonders.“

Christian Görke, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, wendet sich insbesondere gegen erhöhte Wehrausgaben: „Schulden sind nicht gleich Schulden. Wenn man damit Straßen und Schienen saniert, Glasfasernetze legt oder Schulen baut, stellen Schulden nur bedingt eine Belastung für die Zukunft dar, sondern sichern sie vielmehr. Aber wenn man sich für totes Eisen und damit für Aufrüstung unbegrenzt verschuldet, geht man nicht nur ins finanzielle Obligo, sondern erhöht auch die Eskalation bis hin zur Kriegsgefahr.“

Der Sprecher für Arbeit und Soziales der AfD-Bundestagsfraktion, René Springer, hält die Umfrage-Ergebnisse für einen „Weckruf“. „Schuldenberge, eine ungelöste Rentenfrage und fehlende Perspektiven – das ist das traurige Erbe der etablierten Parteien“, sagte er dieser Zeitung. Junge Menschen entzögen ihnen „mit Recht ihr Vertrauen, weil diese Parteien an fundamentalen Problemen der kommenden Generationen überhaupt nicht ansetzen wollen“.

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt verteidigt die Pläne von Schwarz-Rot: Von vielen Vorhaben wie dem Investitionspaket in Modernisierung und Klimaschutz oder den Plänen zum Bau von Wohnheimplätzen für Studenten profitierten vor allem Jüngere. Das gelte auch für die verlängerte Mietpreisbremse. Zusätzlich werde das BAföG erhöht, der Führerschein bezahlbarer. „Unsere sozialen und solidarischen Sicherungssysteme sind ein hohes Gut, auf das sich auch die junge Generation bei unvorhergesehenen Ereignissen verlassen kann.“ Der Sozialstaatsreport habe erst kürzlich gezeigt, dass gerade junge Menschen bereit seien, höhere Beiträge zu zahlen, wenn es dafür auf der anderen Seite eine gute soziale Absicherung gebe.

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