Ein für Mittwoch geplantes Treffen von Spitzendiplomaten der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Ukraine ist in letzter Minute abgesagt worden. Der gastgebende britische Außenminister David Lammy teilte mit, stattdessen würden an dem Treffen ausschließlich Berater teilnehmen und Wege zum Frieden in der Ukraine diskutieren. Das US-Außenministerium teilte am Dienstag mit, Außenminister Marco Rubio werde wegen Terminschwierigkeiten nicht nach London reisen.

Rubios abrupte Absage ließ Zweifel an der Richtung der Verhandlungen aufkommen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schloss eine Abtretung von Territorium an Russland als Teil eines möglichen Friedensabkommens aus und bezeichnete einen solchen Schritt als nicht umsetzbar. Der ukrainische Staatschef reagierte am Dienstag auf Berichte, wonach die US-Regierung ein Abkommen vorschlägt, das es Russland erlauben würde, besetzte ukrainische Gebiete als Teil eines möglichen Friedensabkommens zu behalten.

Nach den Worten der stellvertretenden Ministerpräsidentin Julija Swyrydenko ist die Ukraine bereit zu Verhandlungen – nicht aber zur Kapitulation. „Unser Volk wird einen eingefrorenen Konflikt nicht akzeptieren“, schreibt sie auf der Plattform X. Es werde kein Abkommen geben, das Russland die stärkere Grundlage gebe, um seine Truppen neu aufzustellen und mit größerer Gewalt zurückzukehren.„Ein vollständiger Waffenstillstand – zu Lande, in der Luft und auf See – ist der notwendige erste Schritt“, erklärt Swyrydenko. Sollte sich Russland aber stattdessen für eine begrenzte Waffenruhe entscheiden, werde Kiew entsprechend reagieren.

US-Vizepräsident JD Vance sagte, die Verhandlungen näherten sich dem Moment der Wahrheit. „Wir haben sowohl den Russen als auch den Ukrainern einen eindeutigen Vorschlag unterbreitet, und es ist an der Zeit, dass sie entweder Ja sagen oder die Vereinigten Staaten sich aus diesem Prozess zurückziehen“, sagte er während eines Besuchs in Indien. Es handele sich um einen sehr fairen Vorschlag, der die territorialen Grenzen in etwa dort einfrieren würde, wo sie heute seien. Beide Seiten müssten aber einige Gebiete aufgeben, die sie derzeit hielten. Weitere Einzelheiten zu dem Vorschlag nannte er nicht.

Ungeachtet der Absage des Außenministertreffens traf am Mittwoch eine ranghohe ukrainische Delegation in London ein. Der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, teilte auf der Plattform X mit, der Delegation gehörten Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umerow sowie er selbst an. „Der Weg zum Frieden ist nicht einfach, aber die Ukraine war und bleibt den Bemühungen zum Frieden verpflichtet“, sagte Jermak. Die ukrainischen Vertreter würden über Möglichkeiten diskutieren, eine vollständige und bedingungslose Waffenruhe als ersten Schritt zu einer umfassenden Lösung zu erreichen. Allerdings konnten sich beide Seiten bisher nicht auf eine begrenzte Waffenruhe von 30 Tagen verständigen. Russland wies einen solchen Vorschlag der USA zurück.

Trump legt „letztes Angebot“ für Ukraine-Frieden vor

Die USA haben einem Medienbericht zufolge einen Friedensrahmen vorgeschlagen, der eine inoffizielle Anerkennung der russischen Kontrolle über fast alle seit Kriegsbeginn 2022 besetzten Gebiete in der Ukraine vorsieht. Dies meldet der Nachrichtendienst „Axios“ unter Berufung auf Quellen mit direkter Kenntnis des Vorschlags.

Dem Bericht zufolge würden die USA im Rahmen des vergangene Woche vorgelegten Plans die seit 2014 gegen Russland verhängten Sanktionen aufheben. Zudem würde ein kleiner Teil des von Russland besetzten Gebiets in Charkiw an die Ukraine zurückgegeben werden.

Das Dokument ist demnach nur eine Seite lang und wird als Präsident Trumps „letztes Angebot“ („final offer“) bezeichnet. Das Weiße Haus betont, es sei bereit, sich zurückzuziehen, falls keine baldige Einigung erzielt wird.

Trumps Vorschlag würde erhebliche Zugeständnisse von Präsident Wolodymyr Selenskyj verlangen. Gebietsabtretungen an Russland schließt er kategorisch aus: „Da gibt es nichts zu bereden. Das steht außerhalb unserer Verfassung“, sagte der Staatschef mit Blick auf von Russland annektierte ukrainische Gebiete wie die Schwarzmeerhalbinsel Krim.

Während Russlands Präsident Wladimir Putin Berichten zufolge angeboten hat, die aktuellen Frontlinien einzufrieren, um eine Einigung zu ermöglichen, lehnte er zuvor andere Teile des US-Vorschlags ab, etwa den Einsatz einer europäischen Friedenstruppe auf ukrainischem Gebiet.

Was Russland gemäß Trumps Vorschlag erhält:

  • Eine offizielle Anerkennung der russischen Kontrolle über die Krim durch die USA.
  • Eine faktische („de facto“) Anerkennung der russischen Besetzung nahezu der gesamten Region Luhansk sowie der besetzten Teile von Donezk, Cherson und Saporischschja.
  • Die Zusicherung, dass die Ukraine nicht Mitglied der Nato wird. Allerdings erwähnt der Text, dass die Ukraine der Europäischen Union beitreten könnte.
  • Die Aufhebung der seit 2014 verhängten Sanktionen.
  • Verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA, insbesondere in den Bereichen Energie und Industrie.

Was die Ukraine gemäß Trumps Vorschlag erhält:

  • Eine „robuste Sicherheitsgarantie“ durch eine Ad-hoc-Gruppe europäischer Länder sowie möglicherweise weiterer nicht europäischer Staaten mit ähnlichen Interessen. Das Dokument bleibt jedoch vage, wie diese Friedensmission funktionieren soll, und erwähnt keine Beteiligung der USA.
  • Die Rückgabe eines kleinen Teils der Region Charkiw, den Russland derzeit besetzt hält.
  • Freier Zugang zum Fluss Dnipro, der in Teilen der Süd-Ukraine entlang der Frontlinie verläuft.
  • Entschädigungen und Unterstützung beim Wiederaufbau, wobei im Dokument nicht angegeben wird, woher die Mittel dafür stammen sollen.

Weitere Elemente des Plans

  • Das Kernkraftwerk Saporischschja – die größte Nuklearanlage Europas – wird als ukrainisches Territorium betrachtet, aber von den USA betrieben. Der erzeugte Strom wird sowohl an die Ukraine als auch an Russland geliefert.
  • Das Dokument verweist auf das US-ukrainische Abkommen über Mineralien, das Trump zufolge am Donnerstag unterzeichnet werden soll.

Die „Financial Times“ wiederum berichtet, der russische Präsident Wladimir Putin habe bei den Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges angeboten, die Kampfhandlungen an der aktuellen Frontlinie vorübergehend einzustellen.

Der russische Staatschef signalisierte dem Bericht zufolge zudem seine mögliche Bereitschaft, Moskaus Ansprüche auf Teile der besetzten ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zurückzuziehen. Im Gegenzug könnten die USA der „Financial Times“ zufolge auf zwei wichtige Forderungen Russlands eingehen, darunter die Anerkennung von Moskaus Souveränität über die 2014 annektierte Halbinsel Krim. Zudem müsse sich die Ukraine von ihrem Ziel der Nato-Mitgliedschaft verabschieden.

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