Ist die Entfernungspauschale eine klimapolitische Sünde oder ein gerechter Ausgleich für Pendler? Die Diskussion ist nicht neu, wird aber in diesem Jahr sicher erneut geführt - denn Union und SPD wollen die Pauschale erhöhen.

Das Umweltbundesamt (UBA) ist kein Freund der Pendlerpauschale. Wie auch andere Steuervorteile, die nur oder vor allem Autofahrern nutzen - etwa der reduzierte Steuersatz auf Diesel und das sogenannte Dienstwagenprivileg -, ist die Pauschale für das UBA eine umwelt- und klimaschädliche Subvention.

Kein Wunder also, dass die Behörde auch den Plan der wohl künftigen Koalition aus CDU, CSU und SPD kritisch sieht, Pendler stärker als bisher zu entlasten. Die Entfernungspauschale von 38 Cent pro Kilometer soll künftig schon ab dem ersten Kilometer des Arbeitswegs gelten. Bisher gibt es die 38 Cent nur ab dem 21. Kilometer, darunter sind es 30 Cent.

Entlastung von mehreren Hundert Euro im Jahr möglich

Der Effekt wird - sollten Union und SPD die Entlastung tatsächlich beschließen - spürbar sein. Das zeigt eines von vielen möglichen Rechenbeispielen: Wer 30 Kilometer von seiner Arbeitsstätte entfernt wohnt und an 220 Tagen zur Arbeit fährt, der kann für dieses Jahr gut 2.150 Euro von der Steuer absetzen. Steigt die Pendlerpauschale wie geplant, sind es im kommenden Jahr rund 350 Euro mehr.

Für die Betroffenen ist das eine Entlastung, und viele von ihnen dürften es als gerechten Ausgleich dafür werten, dass sie für die Fahrt zur Arbeit mehr Zeit, Geld und Geduld aufbringen als andere.

Das Umweltbundesamt hingegen blickt aus einer anderen Perspektive auf die Sache: Es wünscht sich, dass der Staat mit seiner Steuerpolitik klimafreundliches Verhalten fördert. Einen langen Weg zur Arbeit zurückzulegen zählt für das UBA nicht dazu. "Die Entfernungspauschale setzt klare Anreize für längere Arbeitswege und führt damit zu einem Wachstum des gesamten Verkehrsaufkommens", kritisiert Christine Kornher, Expertin für umweltschädliche Subventionen beim Umweltbundesamt.

Umweltbundesamt findet Pendlerpauschale ungerecht

Außerdem hält die Behörde die Entfernungspauschale für ungerecht. Denn verkürzt gesagt: Vom Land in die Stadt pendelt nicht nur die bei dieser Gelegenheit oft erwähnte Krankenschwester mit kleinem Einkommen, sondern auch der gut verdienende SUV-Fahrer mit großem Haus und großem Garten. Und: Wer so wenig verdient, dass er kaum Steuern zahlt, kann auch kaum etwas absetzen - Pendlerpauschale hin oder her. Das Umweltbundesamt sagt deshalb: "Von ihr profitieren einkommensstarke Arbeitnehmende viel häufiger und stärker als einkommensschwache."

Hat die Pendlerpauschale also eine soziale Schieflage? Nein, sagt der Deutsche Landkreistag. Der Staat besteuere seine Bürger nun mal nach der objektiven Leistungsfähigkeit. Mit der Folge, dass beruflich bedingte Kosten von der Steuer abgesetzt werden: Kosten für doppelte Haushaltsführung, für ein Arbeitszimmer, für Berufsbekleidung und eben auch für den Weg zur Arbeit.

Landkreistag kann Kritik nicht nachvollziehen

Matthias Wohltmann ist beim Deutschen Landkreistag für das Thema Entfernungspauschale zuständig und mag das Narrativ einer klimaschädlichen Begünstigung von Pendlern nicht nachvollziehen. Er fragt sich, was denn die Konsequenz aus einer Senkung oder Abschaffung der Pendlerpauschale sein sollte: "Möchte man, dass alle Berufstätigen in der Stadt wohnen und arbeiten?" Er sei froh, dass die Leute auf dem Land leben und dort ihre Steuern zahlen. Die Wohnungsprobleme in Großstädten würden doch sonst noch größer, argumentiert er.

Entsprechend steht der Landkreistag an der Seite der wohl künftigen Bundesregierung, wenn es um die Pendlerpauschale geht. Zum 1. Januar 2026 soll sie erhöht werden, das ist im Koalitionsvertrag fest vereinbart, eingeschränkt nur durch den Satz, der für alles gilt, was mit Geld zu tun hat - nämlich, dass alle Maßnahmen des Koalitionsvertrags unter Finanzierungsvorbehalt stehen.

Diskussion über Pendlerpauschale wird weitergehen

Ob die Entfernungspauschale nun klimapolitisch Unsinn ist oder ein angemessener Ausgleich für den Aufwand von Pendlern (vielleicht ja sogar beides), und ob sie sozial gerecht ist - das dürfte in der zweiten Jahreshälfte, sobald Union und SPD den Beschluss vorbereiten, vertieft diskutiert werden.

Umso lauter und kontroverser, wenn sich herausstellt, welche anderen Gruppen nicht entlastet werden.

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